Lyrik und mehr

 

 

Vergehendes Leben

Nun leb ich nicht mehr von der Welt Beachtung.

Und meiner Sinne tiefe Müdigkeit
führt mich zu schärferer Einsicht und Betrachtung.

Was außen abfällt, füllt mich neu von innen
wie eine Quelle, die bergeinwärts läuft.

Und was das Alter mir an Leiden häuft,
lässt mich Ergebung und Geduld gewinnen.

Isolde Lachmann

Vielleicht ist es kein Weggehen, sondern zurückgehen?

Sind wir nicht unterwegs mit ungenauem Ziel,

und unbekannter Ankunftszeit, mit Heimweh im Gepäck?

Wohin denn sollten wir gehen, wenn nicht nach Hause zurück?

 

Anne Steinwart

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erinnerung Am Ende unseres Weges

Mal geht es aufwärts, mal abwärts – so sei es nun einmal im Leben, sagt man.

Dieses Auf und Ab gehöre dazu; irgendwie werde es schon weitergehen.

Wenn es doch so wäre!

Jeder kommt im Leben in Situationen, wo es eben nicht mehr so weitergeht,

wo wir keinen Ausweg mehr sehen, wo Schmerzen unerträglich werden..,

wo wir sagen: Ich kann nicht mehr, ich bin am Ende meiner Kräfte.

Was machen wir am Nullpunkt?

Es bleibt nichts anderes übrig, als unsere Machtlosigkeit hin zu nehmen.

Am Ende unseres Weges müssen wir loslassen; wir müssen uns selbst loslassen.

Wir fallen ins Leere.

Doch gerade darin verbirgt sich eine unbegreifliche Liebe

Sie trägt uns durch große Ängste hindurch, sie lässt uns auch im Sterben nicht

Im Stich. Auf sie können wir uns verlassen.

 Der Nullpunkt wird zu einem fruchtbaren Augenblick; das ist unsere ganze Hoffnung.

Phil Bosmans

 

Lachen und Weinen, was auch immer das Gefühl ist.

Ob Schmerz oder Freude, es ist ein Geschenk

Und eine Schönheit liegt darin,

dass es Dir zeigt, dass du lebendig bist

Das Ziel im Leben ist nicht immer, glücklich zu sein.

Sondern all unser Lachen zu lachen und all unserer Tränen zu weinen. 

Marshall Rosenberg

fa_engel

TP1  

Wenn du beginnst zu lieben,

sagst du schon ja, zu den Tränen des Abschieds.

Sagst du schon ja, zu Enttäuschungen, die nicht ausbleiben,

zu Hoffnungen, die sich nicht erfüllen,

zu Anfängen, die unvollendet bleiben.

Wenn du beginnst zu lieben,

sagst Du schon ja zu den Schmerzen des Loslassens,

zu der Einsamkeit nach der Trennung.

Wenn du beginnst zu lieben,

sagst Du schon ja, zu jemand der seinen eigenen Weg geht,

den du nicht halten kannst,

der sein eigenes Ziel hat.

Wenn du beginnst zu lieben,

sagst Du schon ja! 

 

Es ist gut wie es ist

Wieder einmal durfte ich neben einer Patientin auf der Bettkante Platz nehmen. Unsere Schultern und Arme berührten sich sanft, ein gemeinsamer Atemrhythmus pendelte sich ein und gleichzeitig konnte ich auch die Kühle der Haut wahrnehmen und spüren.

Worte waren heute nicht so wichtig. Wir saßen einfach nur so da und schauten aus dem großen Fenster hinaus in die wunderbare Natur, die sich in ihrer schönsten Pracht präsentierte, denn nicht weit von den Terrassen der Patientenzimmer fügten sich die Seckbacher Kleingärten und der Garten der Katharinenschwestern an. Es war ein herrlicher Frühlingstag. Still beobachteten wir das emsige Arbeiten der Gärtnerinnen und Gärtner.

„ Ich war auch einmal so eine Gärtnerin!“ Traurig und mit Wehmut legte die Patientin ihren Kopf auf meine Schulter.  Tröstend legte ich meinen Arm um sie. „ Jetzt ist alles vorbei, sagte sie, dennoch bin ich froh, dass ich hier angekommen bin!“ 

Mechtild Strunck
Erlebte Begegnung im Hospiz (2009)

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Geschenkt

Ein alter Mann sitzt in einem Bus. In seinem Arm hält er einen wundervollen Blumenstrauß. Eine junge Frau kann ihren Blick nicht von der Blumenpracht lassen. Immer wieder schaut sie zu den bunten Blüten und lächelt versonnen.

Kurz vor der nächsten Haltestelle erhebt sich der Mann und geht zu der Frau. Er reicht ihr die Blumen und sagt: „Gefällt Ihnen der Strauß? Er ist eigentlich für meine Frau. Aber ich denke, sie hätte es gern, dass Sie ihn bekommen. Ich gehe jetzt zu ihr und erzähle ihr, dass ich die Blumen Ihnen geschenkt habe.“

Erstaunt nimmt die Frau den Strauß entgegen. Als der alte Mann aussteigt, sieht sie ihm nach. Er verschwindet durch ein Tor, das zu einem kleinen Friedhof gehört.

Aus andere Zeiten e.V.


 

Rast!

Gast sein einmal.

Nicht immer selbst seine Wünsche bewirten

Mit kärglicher Kost.

Nicht immer feindlich nach allem fassen,

einmal sich alles geschehen lassen

uns wissen: Was geschieht, ist gut.

 

Ein Wanderer

Ein Wanderer trifft auf einen Schäfer.

Er fragt ihn, wie wohl das Wetter in den nächsten Tagen werden würde. Der Schäfer antwortet: „ So, wie ich es gerne habe.“

„ Woher wissen Sie, dass das Wetter so werden wird, wie Sie es mögen?“, fragt der Wanderer.

„ Sehr einfach“; antwortet der Schäfer.

„ Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich nicht immer das bekomme, was ich möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Deshalb bin ich mir sicher, dass das Wetter so wird, wie ich es mag.“

 

Lass dich begleiten

Du frierst
und viele werden sagen
es ist nicht kalt!

Du hast Angst
und viele werden sagen
Hab nur Mut!

Du bist allein
und viele werden sagen
Jetzt keine Zeit!

Doch manchmal
ist da jemand
der sagt

Nimm meinen Mantel
und meine Hand
und lass mich dich
ein Stück begleiten – jetzt.

Angela Sattler